
Die nigerianische Industrie hat mit Unterstützung deutscher Wirtschaftspartner duale Berufsausbildungsprogramme gestartet. Mit großem Erfolg: Trainees, die die Programme absolvieren, werden garantiert übernommen.
Robert Malzacher kann sich noch genau erinnern, wie der junge Nigerianer strahlte. Stolz stand der junge Mann neben der Maschine, die er bei dem metallverarbeitenden Unternehmen im nigerianischen Lagos täglich bediente. „Jetzt habe ich eine Zukunftsperspektive“, sagte er zu Malzacher. Dass er optimistisch nach vorne blicken kann, ist zum einen ein großer Zufall – zum anderen einem neuen Berufsausbildungsprogramm in Nigeria zu verdanken.
Der Zufall hat den jungen Nigerianer genau am richtigen Tag ins Unternehmen geholt. Er hatte sich dort nach einer Stelle erkundigt. Sie schlugen ihm vor, an einem Eignungstest für eine neue Berufsausbildung teilzunehmen, der an diesem Tag stattfand. Er entschied sich auf Anhieb für die Teilnahme – und erzielte eines der besten Testergebnisse. Danach stand seiner dualen Berufsausbildung nichts mehr im Wege.
Theorie und Praxis verbinden – das ist die Idee hinter der dualen Berufsausbildung, die in Deutschland eine lange Tradition hat. „Das ist sicherlich einer der Gründe, warum Deutschland die niedrigste Jugendarbeitslosenquote in Europa hat“, sagt Robert Malzacher von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Gießen-Friedberg in Mittelhessen. Er ist Projektleiter der Berufsbildungspartnerschaft des CIC mit nigerianischen Wirtschaftspartnern. Vor dem Start des Programms war die duale Berufsausbildung in Nigeria unbekannt. Es adressiert eine entscheidende Herausforderung: „In Nigeria gibt es viele junge Menschen, die ihr Studium abschließen und dann eine Arbeit aufnehmen. Aber es fehlt ihnen an praktischer Erfahrung am Arbeitsplatz“, sagt Projektleiter Malzacher. Es gebe, räumt er ein, verschiedene Weiterbildungsangebote und Ausbildungsmöglichkeiten bei den einzelnen Unternehmen. Was aber fehlt, ist eine Berufsausbildung, die über einen längeren Zeitraum läuft und von mehreren Unternehmen anerkannt wird.
Daraus entstand die Idee einer Bildungspartnerschaft zwischen deutschen und nigerianischen Partnern. Im Dezember 2012 wurde das Projekt von der Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg und der Delegation der Deutschen Industrie und Handelskammer in Nigeria ins Leben gerufen. Es wird in Kooperation mit nigerianischen Partnerorganisationen umgesetzt: den Chambers of Commerce & Industry in Lagos, Abuja und Ogun State sowie der Manufacturers Association of Nigeria (MAN) und der Nigerian-German Business Association (NGBA). Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert die Bildungspartnerschaft bis Ende 2018 mit mehr als 1,7 Millionen Euro.
Aus der Partnerschaft ist ein einjähriges Berufsbildungsprogramm entstanden, in dem junge Nigerianer im mehrwöchigen Blockunterricht und in Workshops die Theorie lernen. Vorher und nachher erhalten sie eine praktische Ausbildung am Arbeitsplatz. Die jungen Auszubildenden können zwischen vier Berufsfeldern wählen, in denen sie sich weiterqualifizieren und so ihre Berufschancen verbessern: Industrieelektroniker, Industriemechaniker, Technisches Gebäudemanagement und Bürokaufmann/-frau.
Die im Programm tätigen Ausbilder sind Nigerianer, die ihr Wissen von deutschen Experten erworben haben – zum Beispiel in einem dreiwöchigen Workshop zu didaktischen und fachlichen Fragen zu den jeweiligen Ausbildungsgängen. In Rollenspielen spielen die Nigerianer und ihre deutschen Partner typische Alltagssituationen im Training nach.
Dieses Wissen und diese Erfahrung weiterzugeben, ist das Ziel der Bildungspartnerschaft. Ziel ist es, die Armut im bevölkerungsreichsten Land Afrikas weiter zu verringern. Aber die nigerianische Seite strebt keineswegs danach, das deutsche System exakt zu kopieren. „Unsere nigerianischen Partner wollen ihr eigenes Modell finden“, sagt Malzacher. Deshalb haben sie zum Beispiel die Bereiche für die Berufsausbildung ausgewählt. Schließlich wissen sie am besten, in welchen Branchen der Bedarf an Fachkräften am größten ist. Die Curricula wurden gemeinsam von den deutschen und nigerianischen Partnern entwickelt. Deutsche Experten erstellten erste Entwürfe, die dann von den nigerianischen Partnern, die inzwischen die Verantwortung für das Programm übernommen haben, überarbeitet wurden.